Newsletter vom 9.01.2020, Ing. Horst Müller
Nachdem ich das Regierungsprogramm studiert habe, bin ich zu folgenden Schlussfolgerungen gekommen: Als Ergebnis der langen Verhandlungen gefällt es mir sehr gut, dass der CO2-Ausstoß endlich mit wirksamen Maßnahmen eingebremst werden soll.
Wie ernst ich dieses Thema nehme, kann ich anhand der Umstellung des PKW-Fuhrparks meines Büros von Diesel auf E-Autos zeigen. Zu Beginn des Jahres 2017 bestand unser Fuhrpark aus 12 Dieselfahrzeugen und besteht jetzt, Anfang 2020, aus 12 Elektroautos und einem Hybrid-Fahrzeug.
Da sich auch das Thema Klärschlamm im Kapitel Kreislaufwirtschaft wie folgt findet: „Prüfung eines bundesweiten Verbots für die Ausbringung von Klärschlamm bei Belastung durch Mikroplastik und andere Schadstoffe“ habe ich überlegt, was ein bundesweites Verbot der Klärschlammverwertung, abgesehen von deutlich höheren Kosten, noch bedeuten würde.
Die einzige Alternative welche übrig bleiben würde wäre die thermische Behandlung. Durch die Verbrennung der derzeit noch landwirtschaftlich verwerteten Menge (ca. 45 % des gesamten kommunalen Klärschlammes in Österreich) würde der in der organischen Substanz enthaltene Kohlenstoff beinahe zu 100 % direkt als CO2 in die Atmosphäre geblasen. Eine kurze Hochrechnung zeigt, dass dies knapp 200.000 t CO2 pro Jahr wären. Interessant dazu ist, dass willhaben.at in einem Blog auf https://blog.willhaben.at/allgemein/dafuer-sagen-wir-danke/ „Danke“ für die Einsparung von 200.000 t CO2 sagt, die durch die mehrfache Verwendung von Dingen möglich gemacht wurde. Unter anderem wird erwähnt, dass dies die Menge an CO2 ist, die 900 Millionen nicht gefahrener PKW-Kilometern entspricht. Das Regierungsziel, den CO2-Ausstoß in Österreich zu reduzieren, wird also mit der Verbrennung von Klärschlamm keinesfalls unterstützt.
Ganz besonders freue ich mich auch, dass das Thema Plastik inkl. Mikroplastik im Regierungsprogramm angekommen ist, weil ich unter anderem als freier Mitarbeiter des KBVÖ (Kompost und Biogas Verband Österreich) seit längerem mit den Diskussionen zu diesem Thema befasst bin. Der angestrebte Einsatz zum Verbot von Mikroplastik in der Produktion für Kosmetika und Reinigungsmittel ist aus meiner Sicht absolut zu befürworten und auch Mikrofilter für Waschmaschinen und Trockner können einen Beitrag zur Reduktion leisten. Allerdings sollte man bedenken, dass der bei weitem größte Emittent für Mikroplastik der Straßenverkehr durch Reifenabrieb ist, bzw. die meisten Partikel diffus über die Luft oder das Regenwasser (welches heute in vielen Fällen über Trennkanalisationen direkt eingeleitet wird), in die Umwelt gelangen. Daher denke ich, dass eine Lösung für das Mikroplastik-Problem deutlich umfassender betrachtet werden sollte als einfach ein bundesweites Verbot für die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung bei Belastung durch Mikroplastik und andere Schadstoffe‘ anzustreben.
Schon seit langer Zeit bin ich in Kontakt mit der Umweltsektion und kenne die Einstellung von Sektionschef DI Holzer bzw. habe ich vor kurzem mit Dr. Krampe, TU, ein persönliches Gespräch geführt, da ich die Betrachtungsweise „Klärschlamm ist eine Schadstoffsenke und gehört deswegen in die Verbrennung“ nicht nachvollziehen kann. Diese Vorgangsweise entspricht eher einem Freibrief für alle Produzenten und Emittenten von Stoffen, die für die Umwelt problematisch sind, und hat maximal die Wirkung eines Placebos. Durch die Verbrennung wird öffentlichkeitswirksam eine „Schadstoffsenke“ behandelt, die tatsächlich nur einen Bruchteil der „Schadstoffe“ enthält, die man von der Umwelt fernhalten sollte.
Durch die Verpflichtung zur Phosphor Rückgewinnung entsteht weiter der Bedarf an Verbrennungsanlagen, die u.a. CO2 und Stickstoff in die Atmosphäre blasen, und an Chemiefabriken, die unter sehr hohen technischen Aufwand Phosphorverbindungen und Abfallschlämme/-schlacken produzieren. Der Energiebedarf zur Rückgewinnung des Phosphors aus der Klärschlammverbrennungsasche liegt in etwa auf dem Niveau des Energiebedarfs zur Herstellung konventioneller Dünger. Außerdem entsteht ein hoher Energieverbrauch für die Monoverbrennung von entwässertem Klärschlamm, wenn keine „Abfallenergie“ zur Trocknung genutzt werden kann.
Im ÖWAV-Positionspapier zur Ressource Phosphor wurde angeregt, den Klärschlamm aus Kläranlagen > 100.000 EW einer technischen P-Rückgewinnung zuzuführen, da in diesen Anlagen knapp 70 % des P-Potentials anfällt und bis jetzt nur in wenigen Fällen genutzt wird. Ein bundesweites Verbot der Klärschlammverwertung, wie im Regierungsprogramm angedacht, hätte zur Folge, dass die derzeit praktizierte Verwertung von Klärschlamm und Klärschlammkompost in der Landwirtschaft vollkommen zum Erliegen käme und die Verwertungsquote von derzeit ca. 45 % des Phosphorpotentials auf 0 % reduziert werden würde. Als Beispiel sei hier die Schweiz angeführt, wo die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm seit 2006 nicht mehr stattfindet. Seit nunmehr 14 Jahren gibt es dort kein Phosphor-Recycling mehr und es ist auch in den nächsten 10 Jahren nicht damit zu rechnen, weil bis jetzt keine Rückgewinnungsverfahren verfügbar sind, die einen energie- und ressourcenschonenden Betrieb erwarten lassen. Dazu durfte ich mich fachlich auch mehrmals mit Dr. Bernhard vom Amt der OÖ Landesregierung austauschen.
Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, in die Entwicklung von standardisierten Analysenmethoden für Mikroplastik und Spurenstoffe zu investieren. Aufgrund von genauen Analysen sollte es möglich sein, die Quellen von Schadstoffen herauszufinden und Emissionen zu reduzieren bzw. zu vermeiden. Wie schnell diese Maßnahmen greifen, konnte anhand der Entwicklung der Gehalte an PCDD, PCDF und PCBs im Klärschlamm nach deren Verbot in den 1980er Jahren gezeigt werden. Als sehr wirkungsvoll zeigte sich beispielsweise das Verbot der Beimischung von Chlor- und Bromverbindungen als Kraftstoffzusätze.
Beurteilen Sie bitte selber ob die Maßnahmen an der Quelle zur Schadstoffreduktion geführt haben oder ob ein Verbot der Klärschlammverwertung, das auch zu diesem Zeitpunkt diskutiert wurde, im Hinblick auf die Belastung der Umwelt mit diesen Stoffen sinnvoll gewesen wäre. Auch zum heutigen Zeitpunkt ist anzunehmen, dass eine Reduktion von Mikroplastik und anderen Schadstoffen an der Quelle zu deutlich weitreichenderen positiven Auswirkungen für die Umwelt führen würde als ein Verbot der Klärschlammverwertung. Im Gegenteil würde das Verbot der Klärschlammverwertung zu einer deutlichen Verlängerung der Transportstrecken und der damit verbundenen Emissionen führen. Für die Kläranlage der Gemeinde Frankenmarkt konnte gezeigt werden, dass das Verbot der Klärschlammverwertung für Milchviehbetriebe in den AMA-Gütesiegelrichtlinien, zusätzlich ca. 5.000 km an LKW-Transporten jährlich nach sich zieht.
Die Aufrechterhaltung und Förderung der regionalen Verwertung von Klärschlamm und Klärschlammkompost im Rahmen von gesetzlichen und freiwilligen Qualitätssicherungssystemen, würde eine Fortsetzung der bisherigen Recyclingquote von ca. 45 % sicherstellen und würde jedenfalls dem Ziel der Forcierung der Kreislaufwirtschaft im Regierungsprogramm entsprechen. Im Fall der Kompostierung von Klärschlamm ist auch die Verbindung mit der ökologischen, regionalen Kompostwirtschaft hergestellt. Im Zuge der Novelle der Kompostverordnung, die derzeit vorbereitet wird, ist vorgesehen, nur mehr Qualitätsklärschlämme mit sehr geringen Schadstoffgehalten als Inputmaterialien für die Herstellung von Klärschlammkompost zu akzeptieren. Dieselben Qualitätsanforderungen sind auch für eine direkte Verwertung von Klärschlämmen, die z.B. mit Kalk konditioniert wurden, vorzusehen. In allen Fällen der regionalen Verwertung (wenn diese weiterhin ermöglicht wird), wäre jedenfalls sichergestellt, dass kurze Transportwege und vorhandene Ausbringungstechnik für Wirtschaftsdünger und Kompost zu geringen Emissionen führen.
Zusätzlich wären so schnell wie möglich Rahmenbedingungen zu schaffen, die Kläranlagenbetreiber, die bis jetzt das P-Potential nicht nützen (Linz hat noch im Jahr 2012 eine Mitverbrennung ohne P-Recyclingmöglichkeit gebaut) zu einem möglichst effizienten P-Recycling zu verpflichten. So könnte in absehbarer Zeit die Recyclingquote deutlich erhöht werden. Für Planung, Genehmigung, Ausschreibung und Bau von Anlagen zum P-Recycling sind realistischer Weise mindestens 10 Jahre anzusetzen. Sollte die Qualität von Klärschlämmen aus dezentralen Anlagen für eine direkte Verwertung nicht ausreichen, so könnten auch diese Schlämme, nach der Errichtung von Recyclinganlagen in Zentralräumen, dort behandelt werden.
Ich ersuche Sie meine Ausführungen an politische Entscheidungsträger, die sich zukünftig mit den Themen Kreislaufwirtschaft und Reduktion des CO2 Ausstoßes befassen werden, weiterzuleiten. Meine Mitarbeiter und ich konnten in den letzten 30 Jahren anhand von vielen Praxisbeispielen zeigen, dass die verantwortungsvolle, regionale und bedarfsgerechte Verwertung von Klärschlamm und Kompost in der Landwirtschaft zu sehr positiven Effekten im Sinne der Kreislaufwirtschaft und des Ressourcenschutzes führt. Wir verfügen über eine enorme Anzahl an Untersuchungsdaten, in die größtenteils von den Kläranlagen- und Kompostwerksbetreibern viel Steuergeld investiert wurde und beteiligen uns gerne an weiterführenden Diskussionen zu diesem großen Themenkreis. Ziel unseres Einsatzes ist, die bisherige Praxis des regionalen P-Recyclings mit geringem Energie- und Ressourceneinsatz aufrecht zu erhalten und das P-Recycling bei Anlagen, die derzeit das gesamte P-Potential unwiederbringlich vernichten, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu fördern. Nur so kann eine kontinuierliche Steigerung der Recyclingquoten erreicht werden und das Ziel der möglichst effizienten Nutzung von Phosphor als begrenzter Ressource sichergestellt werden.